Wächst uns die Migration tatsächlich über den Kopf?

Wie Integration in Kassel gelingt und welche Fragen offen bleiben

12.12.2024, 18 Uhr

Stadtteilzentrum Vorderer Westen

Elfbuchenstraße 3, 34119 Kassel

Es diskutieren:

  • Dr. Norbert Wett, Sozialdezernent der Stadt Kassel
  • Pfarrer Harald Fischer, Sankt Familia
  • Johannes Hüttich, Internationale Klasse an der Freien Waldorfschule Kassel
  • Annika Schmale, Familienzentrum der Kirche im Hof

Moderation: Katrin Lehmann, Vorsitzende Richterin am Hess. Verwaltungsgerichtshof a. D.

Veranstaltende ist die Initiative Nachgefragt. Unterstützt wird die Veranstaltung u.a. durch das Evangelische Forum Kassel und durch mich mit dieser Mail 😊.

Nähere Informationen zur Veranstaltung finden sich im Anhang!

Wie Integration in Kassel gelingt und welche Fragen offen bleiben

12.12.2024, 18 Uhr

Stadtteilzentrum Vorderer Westen

Elfbuchenstraße 3, 34119 Kassel

Es diskutieren:

  • Dr. Norbert Wett, Sozialdezernent der Stadt Kassel
  • Pfarrer Harald Fischer, Sankt Familia
  • Johannes Hüttich, Internationale Klasse an der Freien Waldorfschule Kassel
  • Annika Schmale, Familienzentrum der Kirche im Hof

Moderation: Katrin Lehmann, Vorsitzende Richterin am Hess. Verwaltungsgerichtshof a. D.

Veranstaltende ist die Initiative Nachgefragt. Unterstützt wird die Veranstaltung u.a. durch das Evangelische Forum Kassel , die Omas gegen Rechts und 😊.

Nähere Informationen zur Veranstaltung finden sich im Anhang!

Veranstaltung mit Katrin Lehman: ‚Flucht-Einwanderung-Migration-Asyl‘

Frau Lehmann erläuterte detailliert und sehr systematisch die verschiedenen Formen von Migration, die in der derzeit aufgeheizten politischen Debatte oft vermengt werden.

Am 3.7.2024 fand im Stadtteilzentrum  West eine vereinsöffentliche Informationsveranstaltung zum Thema ‚Flucht – Einwanderung – Migration – Asyl‘ statt. Katrin Lehmann, Vorsitzende Richterin am Hessischen Verwaltungsgerichtshof a.D.,  stellte das Thema zunächst in den großen Rahmen eines dauerhaften ‚Menschheitsthemas‘, z. B. der deutschen Auswanderung vom 17. bis ins 19. Jahrhundert und der Emigration in der Zeit vor und während der Shoah. Davon ausgehend skizzierte sie Grundzüge, Probleme und Veränderungen des Asyl- und Aufenthaltsrechts bis in die Gegenwart.

Laut UNHCR (UN-Flüchtlingskommissar) sind im Moment 120 Millionen Menschen auf der Flucht, wobei ca. 57 Millionen im eigenen Land vertrieben wurden und viele in den armen Nachbarländern Zuflucht suchen. Zuwanderung in erheblichem Umfang gibt es derzeit aus der Ukraine, aber auch aus den Hauptherkunftsländern Syrien, Afghanistan und der Türkei. Pro Asyl weist darauf hin, dass 2022 über 70 Prozent der Personen, die um Flüchtlingsschutz nachgesucht haben und deren Anträge materiell geprüft wurden (also nicht die sogenannten Dublin-Fälle, sogenannte ‚bereinigte Schutzquote‘) Schutz erhalten haben. 

Abgesehen hiervon benötigt Deutschland in sehr relevantem Umfang Zuwanderung, um seinen Wohlstand zu halten. Ca. 400 000 ausländische Fachkräfte werden deshalb pro Jahr für den deutschen Arbeitsmarkt benötigt.

Frau Lehmann erläuterte detailliert und sehr systematisch die verschiedenen Formen von Migration, die in der derzeit aufgeheizten politischen Debatte oft vermengt werden. Abgesehen von den Ukraine-Flüchtlingen, die sofort Bürgergeld-berechtigt sind, müssen alle Migranten verschiedene rechtliche Prozeduren durchlaufen, bis sie als ‚bleibeberechtigt‘, ‚geduldet‘ oder ‚ausreisepflichtig‘ eingeordnet sind. Von den ca. 262.000 ‚Ausreisepflichtigen‘ sind wegen verschiedener rechtlicher Bestimmungen am Ende nur 51.000 tatsächlich ausreisepflichtig (siehe auch Folie 14).

Das sogenannte Chancen-Aufenthaltsrecht bietet für die betreffenden Ausländer*innen die Möglichkeit eines Wechsels vom Duldungsstatus hin zu einem Aufenthaltsrecht. Die Voraussetzungen sind jedoch komplex und sicher nicht für alle zu erreichen.

Im Flüchtlingsrecht verschärfen die Mitgliedstaaten mit der sogenannten GEAS Reform die Regelungen zum Flüchtlingsschutz in eklatanter Art und Weise. Pro Asyl: Zu den schon bestehenden Zäunen, Mauern, Überwachungstechniken und Pushbacks kommen nun noch Inhaftierungen und die Isolierung schutzsuchender Menschen in Lagern an den Außengrenzen und menschenrechtswidrige Deals mit autokratischen Regierungen.

Fazit: Wir sehen im Moment vier mögliche Richtungen der Weiterarbeit in unserer Initiative.

  1. Aufklärung über die Gefährdung der Demokratie durch autoritäre Gesetzgebung, z. B. beim Asyl- und Ausländerrecht, initiiert von Nancy Faeser
  2. Entwicklung konkreter (politischer)  Forderungen für eine bessere und schnellere Integration von Migranten, z. B. durch eine Arbeitserlaubnis bereits während des Asylverfahrens
  3. Schaffung von Erfahrungsräumen und Begegnungsmöglichkeiten zum Beispiel durch kulturelle Veranstaltungen
  4. Entwicklung/Weiterverbreitung  von Argumentationshilfen gegen Stammtisch-Parolen (Daran arbeiten unseres Wissens nach bereits MBT, pro asyl u. a.)

Gemeinsam ist diesen verschiedenen Handlungsansätzen, dass sie die deklamatorische Ebene verlassen und jeweils möglichst konkret werden müssten. Es kann sein, dass wir uns als Initiative NACHGEFRAGT entscheiden müssen, eine Richtung zu priorisieren oder in Kleingruppen jeweils an einem Thema weiterzuarbeiten.

Hier geht es weiter zur Präsentation https://initiative-nachgefragt.de/wp-content/uploads/2024/07/Praes-Katrin-Lehmann-Flucht–Einwanderung–Migration–Asyl.pdf

Presseerklärung Kassel Standort Dokumentationszentrum NSU-‚Terror

Kasseler Initiative NACHGEFRAGT für Demokratie, Aufklärung und
Politische Bildung e. V.

Initiative NACHGEFRAGT: „Kassel ist der richtige Standort für das Zentrale Dokumentationszentrum zum NSU-Terror.“

„Kassel ist der richtige Standort für das geplante Zentrale Dokumentationszentrum zum NSU-Terror“, erklärte Horst Paul Kuhley von der Kasseler Initiative NACHGEFRAGT e. V. Bei der Gedenkveranstaltung am 6.4.2024 zum Mord an Halit Yozgat sei sehr deutlich geworden, dass sowohl Angehörige der Opfer als auch die muslimische Gemeinschaft und sehr viele Beteiligte aus zivilgesellschaftlichen Initiativen das Gedenken wachhalten. „Auch 18 Jahre nach dem Mord unterstützen viele Menschen die Forderung nach gründlicher Aufklärung, weil sowohl der Münchner NSU-Prozess als auch zahlreiche Untersuchungsausschüsse in Bund und Ländern viele Fragen nicht beantwortet haben“, so Kuhley.

Auch sei bei der Gedenkfeier am 6.April wieder zur Sprache gekommen, dass die dubiose Rolle des damaligen Verfassungsschützers Temme und sein Verhalten am Tatort immer noch nicht geklärt worden ist. Ein Dokumentationszentrum, das sich nicht nur auf den NSU-Terror beschränkt, sondern auch Zusammenhänge mit den Mordtaten von Halle und Hanau und den Mord an Dr. Walter Lübcke aufzeigt, hätte in Kassel seinen richtigen Platz.

„Im Falle der Realisierung des Zentrums in Kassel können die Verantwortlichen mit einer breiten Unterstützung durch die Zivilgesellschaft rechnen. Die Initiative NACHGEFRAGT ist jedenfalls dazu bereit“, sagte Kuhley. „Wir haben sowohl den NSU-Ausschuss als auch den Untersuchungsausschuss zum Mord an Dr. Walter Lübcke engmaschig begleitet und dazu viele  Informationsveranstaltungen in Kassel organisiert“, so Kuhley abschließend.

mit der Bitte um Veröffentlichung

Horst Paul Kuhley











Neuwahl des Vorstands

Bei der Jahreshauptversammlung am 7.11.2023 wurde der Vorstand für die neue Amtszeit von 2023 bis 2025 gewählt. Es wurden gewählt:

Horst Paul Kuhley (1. Vorsitzender)
Elisabeth Gessner (2. Vorsitzende)
Heike Lühmann (Kassiererin)
Karl Bachsleitner (Beisitzer)
Michael Lacher (Beisitzer)
Jacqueline Renz (Beisitzerin)
Rainer Tigges-Gessner (Beisitzer)

Kurzporträt von NACHGEFRAGT

Auch Jahre nach der Selbstenttarnung des NSU
bleiben entscheidende Fragen zum NSU-Komplex
und zu den Morden an Halit Yozgat und Dr.
Walter Lübcke unaufgeklärt. Hier ist eine
zentrale Aufgabe von NACHGEFRAGT für
Demokratie, Aufklärung und politische Bildung
e. V.
Seit 2017 arbeiten wir daran, die Netzwerke der
nordhessischen Neonazis aufzudecken. Wir
finden uns nicht damit ab, dass Polizei, Justiz
und Verfassungsschutz nur unzureichend Licht
in diese Netzwerke in Nordhessen und den angrenzenden
Bundesländern bringen.
Von Beginn an haben wir in zahlreichen Veranstaltungen
Informations- und Diskussionsangebote
für bis zu 250 Teilnehmer gemacht.
Kooperationspartner waren dabei u.a. die GEW,
der DGB Region Nordhessen, die Volkshochschule
Kassel, das Evangelische Forum Kassel,
das Team des Festivals NDRS und das Medienprojektzentrum
Offener Kanal. Thematisch
haben wir uns nicht nur mit der rechten Szene
in Nordhessen, sondern auch mit Nazi-Frau-en
beschäftigt und die Arbeit der hessischen
Untersuchungsausschüsse zu den NSU-Morden
und zum Mord an Dr. Walter Lübcke vorgestellt.
Kritisch beleuchtet wurden von uns das Behördenversagen
bei der Aufklärung rechter Gewalttaten
und das Agieren des Verfassungsschutzes,
insbesondere die dubiose Rolle des damaligen
Verfassungsschützers Andreas Temme beim
Mord an Halit Yozgat.

In unserem aktuellen Flyer erfahren Sie mehr:https://initiative-nachgefragt.de/wp-content/uploads/2022/06/Flyer-NACHGEFRAGT_end_06_2022.pdf

Arbeitsschwerpunkt Politische Bildung

Wann, wenn nicht jetzt!

Wo und wie fängt man es an, ein Bildungsangebot  zu aufzubauen, das zur ‚demokratischen Teilhabe ermutigt‘ und ‚Menschen befähigt, sich kritisch mit rechter Propaganda auseinanderzusetzen‘? Angesichts der Fülle, vor allem aber der Dringlichkeit möglicher Ansatzpunkte gibt es dafür keine einfachen oder gar eindeutigen Lösungen. Leichter ist dagegen die Frage nach dem ‚Wann‘ zu beantworten: Wann, wenn nicht jetzt!? 

Ein flotter Slogan, vielfach zitiert und verwendbar in den unterschiedlichsten Zusammenhängen, immer dann, wenn Veränderung, Verbesserung, Weiterentwicklung  angesagt ist. Nicht zuletzt lautete so das Motto einer Tagung zur Politischen Bildung im Herbst 2018 in der Evangelischen Akademie Hofgeismar, aus der auch die ‚Hofgeismarer Erklärung‘  hervorgegangen ist. Die Bestandsaufnahme, die bei dieser Tagung vorgenommen wurde, kam zu einem recht deprimierenden Ergebnis: die formale Politische Bildung wurde in Hessen in den letzten Jahrzehnten heruntergewirtschaftet, kaputtgespart oder zur gefälligen Unkenntlichkeit umdefiniert. In den Schulen findet sie nur noch am Rande statt und auch die ehemals blühende außerschulische Bildung darbt vor sich hin (einzelne kleine ‚Leuchtturmprojekte‘ ausgenommen, aber die machen die bildungspolitische Nacht nicht hell genug). 

Die Konsequenzen sind augenfällig. Politisches Interesse und gesellschaftliches Engagement lassen deutlich nach. Gleichzeitig schwindet die Fähigkeit zur kritischen Auseinandersetzung mit einer exorbitant wachsenden Informationsfülle, vor allem in den digitalen Medien. Dies betrifft keineswegs nur Jugendliche. Aus der erschreckenden Geschwindigkeit und Aggressivität, mit der sich Emotionalisierungskampagnen und Hassreden im Netz ausbreiten, resultierte für uns deshalb ein dringlicher  Handlungsbedarf im Themenfeld Hate Speech/Hate Breach. Auch wenn überproportional viele unserer aktiven Mitstreiter/innen aus dem Lehrerberuf kommen, sahen wir die vorrangige Adressatengruppe für entsprechende Bildungsangebote zunächst im Bereich der Erwachsenenbildung. 

Hate Speech und Hate Breach – Bildungsangebote für Schulen der Region

Eine Anfrage aus der Alten Landesschule in Korbach (ALS) führte allerdings zu einem klassischen Workshop-Angebot für Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I. Als Kooperationspartner konnten wir dafür die Kopiloten e. V. gewinnen. Mit vielfältigen Erfahrungen aus ihrem erprobten Hatebreach – Programm haben sie im November 2019 an der ALS einen handlungsorientierten Workshop für die Jahrgangsstufe 8 organisiert, der nicht nur der Sensibilisierung für Ursachen und Formen digitaler Hasskampagnen diente, sondern auch Gegenstrategien aufzeigen sollte. Die Rückmeldungen zu diesem Pilotprojekt waren positiv. Eine längerfristige Zusammenarbeit mit der ALS deutete sich an, und es gab Interesse von anderen Schulen aus dem Landkreis. Wir hofften, auch perspektivisch ein strukturiertes Angebot für Schulen ermöglichen zu können.

Aber dann kam Corona – und damit das vorläufige Aus für schulische Präsenzangebote, zumal  in der Zusammenarbeit mit außerschulischen Bildungsträgern. Die weitere Entwicklung ist immer noch nicht absehbar. Da aber schulische Workshops zum Thema Hatespeech, obwohl – oder gerade weil –  sie Elemente der digitalen Kommunikation fokussieren, unserer Meinung nach nicht vorrangig instruktiv sein dürfen und deshalb auch nicht ohne unmittelbare Interaktion auskommen, liegt die Zusammenarbeit mit Schulen zunächst einmal auf Eis. Wir warten ab, bis auch analoge Begegnungen wieder möglich sind. 

Ein strukturiertes Bildungsangebot für junge Erwachsene

Nicht nur in dieser Situation hat sich die von Beginn an vereinbarte Begleitung durch die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) als sehr hilfreich erwiesen. Wir freuen uns über Ermutigung und manch guten Rat zur rechten Zeit. Hinweise aus der FES halfen uns zum Beispiel, die coronabedingte Unterbrechung unserer Zusammenarbeit mit Schulen nicht nur als Verlust, sondern auch als Chance zu begreifen, uns verstärkt der Zielgruppe ‚Junge Erwachsene‘ zuzuwenden und damit an unsere ursprüngliche Positionierung in der Erwachsenenbildung anzuknüpfen. Junge Erwachsene – so zeigen nicht nur die Studien der FES – sind  diejenige Zielgruppe, die durch die vorhandenen politischen Bildungsprogramme kaum angesprochen wird. Der formalen schulischen Bildung sind sie entwachsen, die traditionellen Angebote der Erwachsenbildung durch Vereine, Gewerkschaften oder etwa die VHS erreichen sie noch (?) nicht. Gleichzeitig ist diese Generation in den ‚Echokammern‘ des Internet, in den Kommentarfunktionen, Messenger-Diensten, Foren oder Sozialen Netzwerken besonders aktiv vertreten. 

Es liegt also nahe, ein adressatenbezogenes, spezifiziertes Bildungsangebot für diese Gruppe zu entwickeln. Eine Herausforderung wird darin bestehen, analoge Umsetzungsmöglichkeiten zu definieren und/oder Formate des Blended Learning zu erarbeiten, die auch Präsenzphasen explizit einschließen. Denn: ohne die unmittelbare Kommunikation, ohne direkte Begegnung, ohne realen Diskurs und Erfahrungslernen geht es nicht – gerade wenn demokratische Teilhabe, Selbstwirksamkeit und soziale Sensibilisierung zu den zentralen Bildungszielen gehören.

Eher mittelfristig einzuordnen sind unsere Überlegungen zur Entwicklung von Bildungsmodulen für Multiplikatoren in der betrieblichen Ausbildung. Grundsätzlich können wir uns auch vorstellen an Angeboten zur Stärkung demokratischer Teilhabe im ländlichen Raum mitzuwirken, optional in Zusammenarbeit mit Institutionen, die schon länger in dieser Hinsicht aktiv sind (wie z. B. die Adam-von Trott-Stiftung). Aktive Mitarbeit in jeder Form, konstruktiver Rat und gute Ideen gerne erwünscht!

Von großen Einzelveranstaltungen zu thematischen Reihen – unser Veranstaltungsprogramm

Auch unsere großen öffentlichen Veranstaltungen haben zur politischen Bildung beigetragen, selbst wenn sie nicht dezidiert unter den Gesichtspunkten eines ‚Bildungs‘anspruchs im engeren Sinne konzipiert waren. Als Informations- und Diskussionsangebote waren sie vor allem Bestandteil der öffentlichen Meinungsbildung. Sie dienten der Aufklärung über neonazistische Strukturen und boten sowohl parlamentarischen Gremien wie dem NSU-Untersuchungsausschuss als auch Journalisten und zivilgesellschaftlichen Rechercheuren die Möglichkeit, ihre Erkenntnisse publik zu machen und dadurch notwendige Debatten anzustoßen. 

Seit 2017 haben wir in lockerer Folge insgesamt fünf solcher Veranstaltungen organisiert (siehe auch Veranstaltungen); in der Regel in den Räumen der Universität Kassel, alle mit großer öffentlicher Resonanz und weit über 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Bewährte Kooperationspartner waren dabei auch andere Bildungsträger wie die GEW und die Volkshochschule Kassel. Thematisch haben wir uns im Sinne unserer politischen Ziele mit verschiedenen Aspekten der rechten Szene in Nordhessen und den angrenzenden Regionen beschäftigt, die Arbeit der NSU-Untersuchungsausschüsse in Hessen und im Bund vorgestellt, vor allem aber mehrfach das Behördenversagen bei der Aufklärung rechter Gewalttaten und die Rolle des Verfassungsschutzes kritisch beleuchtet. Da wir durchgehend Expertinnen und Experten aus parlamentarischen Untersuchungsausschüssen sowie qualifizierte journalistische Fachleute auf unseren Podien zu Gast hatten, konnten wir einschlägiges Wissen und manchmal sogar Informationen aus erster Hand vermitteln. Die Perspektive der Opfer von rechter Gewalt wurde  besonders authentisch von der in doppelter Weise betroffenen Anwältin Seda Basay-Yildiz und einem erfahrenen Mitarbeiter des Mobilen Beratungsteams Hessen eingebracht. 

Schon unter Corona-Bedingungen und mit deshalb deutlich eingeschränkter Teilnehmer/innenzahl haben wir uns im September 2020 mit kleineren Angeboten an dem Festival von ‚Nach dem Rechten sehen‘ beteiligt (siehe Veranstaltungen). Dabei ging es einerseits um den neuen parlamentarischen Untersuchungsausschuss ‚UNA 20/1 – Dr. Walter Lübcke‘, insbesondere um Hintergrundwissen über dessen erschwerte Startbedingungen, andererseits um einen ersten Einblick in die genderspezifische Thematik von ‚Frauen in der rechten Szene‘.

Alle bisherigen Veranstaltungen waren ausdrücklich an unseren allgemeinen politischen Ziele orientiert (s. o.). Gleichzeitig haben wir bei der Organisation zeitnah auf aktuelle Entwicklungen und Ereignisse reagieren und damit ein für uns zentrales Arbeitsprinzip bisher gut umsetzen können: Zielklarheit, Offenheit und Flexibilität in guter Balance! 

Wie geht es weiter? 

Diesem Prinzip möchten wir auch in Zukunft folgen. Wir freuen uns sehr, dass inzwischen wieder Präsenzangebote möglich sind, wenn auch vorläufig noch nicht in der gleichen Größenordnung wie früher. Im Sinne der Nachhaltigkeit sind wir zunehmend dazu übergegangen, statt singulärer Großveranstaltungen thematische Reihen in jeweils überschaubarem Rahmen zu definieren. Konkret sind für das aktuelle Programmjahr folgende Veranstaltungsreihen geplant:

In einer Gesprächsreihe, die  vom „Offenen Kanal Kassel“ aufgezeichnet und gesendet wird, begleitet die Initiative weiterhin kontinuierlich die Arbeit des Hessischen Untersuchungsausschusses UNA 20/1 (Dr. Walter Lübcke). Dabei haben Landtagsabgeordnete die Gelegenheit, über ihre Arbeit im Ausschuss zu berichten, mit Vertretern der Zivilgesellschaft ins Gespräch zu kommen und Fragen und Anregungen von Bürgerinnen und Bürgern für ihre Arbeit aufzunehmen. Als Gäste werden auch zukünftig Mitglieder des Untersuchungsausschusses aus den demokratischen Parteien sowie engagierte Bürgerinnen und Bürger eingeladen.

Eine zweite Serie von Veranstaltungen befasst sich mit Frauen in der rechten Szene. Sie begann mit einer Einführung in die Problematik von Sonja Brasch (NSU-Watch) bereits in 2020 und wird in 2021 zu spezifischen Aspekten fortgesetzt, zum Beispiel zu den Strategien rechter Influencerinnen und zu Rollenmustern und Aktionsformen von Frauen in der rechten Szene. Referentinnen sind ausgewiesene Expertinnen wie Natascha Strobl (Politikwissenschaftlerin, Wien) und Michaela Köttig (Konfliktforscherin, Professorin an der Frankfurt University of Applied Science). 

Eine Reihe zum Thema ‚Rechtsterrorismus als Herausforderung staatlichen Handels‘ beginnt am 30. 09. 2021 mit einer Buchvorstellung des Autors und Rechtsextremismusexperten Martín Steinhagen und wird und im Frühjahr 2022 mit dem Journalisten Ronen Steinke (SZ) zur Rolle der Justiz im Kampf gegen Rechts fortgesetzt.

Die genannten Veranstaltungsserien gehen als Beiträge von NACHGEFRAGT in die vom Evangelischen Forum Kassel sowie weiteren Kooperationspartnern ausgerichtete Jahresreihe ‚Demokratie stärken – Gegen Hass und Terror‘ ein, sollen aber auch eigenständig weiterentwickelt werden. Einzelne Veranstaltungen wurden zudem im Sommer 2021 wiederum im Rahmen des jährlichen Festivals ‚Nach dem Rechten sehen‘ organisiert. Durch die Beteiligung an variierenden  Kooperationsverbünden  können wir  unterschiedliche Zielgruppen erreichen und hoffen, so zu einem lebendigen politischen Diskurs beizutragen. 

Wann, wenn nicht jetzt!

Wo und wie fängt man es an, ein Bildungsangebot  zu aufzubauen, das zur ‚demokratischen Teilhabe ermutigt‘ und ‚Menschen befähigt, sich kritisch mit rechter Propaganda auseinanderzusetzen‘? Angesichts der Fülle, vor allem aber der Dringlichkeit möglicher Ansatzpunkte gibt es dafür keine einfachen oder gar eindeutigen Lösungen. Leichter ist dagegen die Frage nach dem ‚Wann‘ zu beantworten: Wann, wenn nicht jetzt!? 

Ein flotter Slogan, vielfach zitiert und verwendbar in den unterschiedlichsten Zusammenhängen, immer dann, wenn Veränderung, Verbesserung, Weiterentwicklung  angesagt ist. Nicht zuletzt lautete so das Motto einer Tagung zur Politischen Bildung im Herbst 2018 in der Evangelischen Akademie Hofgeismar, aus der auch die ‚Hofgeismarer Erklärung‘  hervorgegangen ist. Die Bestandsaufnahme, die bei dieser Tagung vorgenommen wurde, kam zu einem recht deprimierenden Ergebnis: die formale Politische Bildung wurde in Hessen in den letzten Jahrzehnten heruntergewirtschaftet, kaputtgespart oder zur gefälligen Unkenntlichkeit umdefiniert. In den Schulen findet sie nur noch am Rande statt und auch die ehemals blühende außerschulische Bildung darbt vor sich hin (einzelne kleine ‚Leuchtturmprojekte‘ ausgenommen, aber die machen die bildungspolitische Nacht nicht hell genug). 

Die Konsequenzen sind augenfällig. Politisches Interesse und gesellschaftliches Engagement lassen deutlich nach. Gleichzeitig schwindet die Fähigkeit zur kritischen Auseinandersetzung mit einer exorbitant wachsenden Informationsfülle, vor allem in den digitalen Medien. Dies betrifft keineswegs nur Jugendliche. Aus der erschreckenden Geschwindigkeit und Aggressivität, mit der sich Emotionalisierungskampagnen und Hassreden im Netz ausbreiten, resultierte für uns deshalb ein dringlicher  Handlungsbedarf im Themenfeld Hate Speech/Hate Breach. Auch wenn überproportional viele unserer aktiven Mitstreiter/innen aus dem Lehrerberuf kommen, sahen wir die vorrangige Adressatengruppe für entsprechende Bildungsangebote zunächst im Bereich der Erwachsenenbildung. 

Hate Speech und Hate Breach – Bildungsangebote für Schulen der Region

Eine Anfrage aus der Alten Landesschule in Korbach (ALS) führte allerdings zu einem klassischen Workshop-Angebot für Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I. Als Kooperationspartner konnten wir dafür die Kopiloten e. V. gewinnen. Mit vielfältigen Erfahrungen aus ihrem erprobten Hatebreach – Programm haben sie im November 2019 an der ALS einen handlungsorientierten Workshop für die Jahrgangsstufe 8 organisiert, der nicht nur der Sensibilisierung für Ursachen und Formen digitaler Hasskampagnen diente, sondern auch Gegenstrategien aufzeigen sollte. Die Rückmeldungen zu diesem Pilotprojekt waren positiv. Eine längerfristige Zusammenarbeit mit der ALS deutete sich an, und es gab Interesse von anderen Schulen aus dem Landkreis. Wir hofften, auch perspektivisch ein strukturiertes Angebot für Schulen ermöglichen zu können.

Aber dann kam Corona – und damit das vorläufige Aus für schulische Präsenzangebote, zumal  in der Zusammenarbeit mit außerschulischen Bildungsträgern. Die weitere Entwicklung ist immer noch nicht absehbar. Da aber schulische Workshops zum Thema Hatespeech, obwohl – oder gerade weil –  sie Elemente der digitalen Kommunikation fokussieren, unserer Meinung nach nicht vorrangig instruktiv sein dürfen und deshalb auch nicht ohne unmittelbare Interaktion auskommen, liegt die Zusammenarbeit mit Schulen zunächst einmal auf Eis. Wir warten ab, bis auch analoge Begegnungen wieder möglich sind. 

Ein strukturiertes Bildungsangebot für junge Erwachsene

Nicht nur in dieser Situation hat sich die von Beginn an vereinbarte Begleitung durch die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) als sehr hilfreich erwiesen. Wir freuen uns über Ermutigung und manch guten Rat zur rechten Zeit. Hinweise aus der FES halfen uns zum Beispiel, die coronabedingte Unterbrechung unserer Zusammenarbeit mit Schulen nicht nur als Verlust, sondern auch als Chance zu begreifen, uns verstärkt der Zielgruppe ‚Junge Erwachsene‘ zuzuwenden und damit an unsere ursprüngliche Positionierung in der Erwachsenenbildung anzuknüpfen. Junge Erwachsene – so zeigen nicht nur die Studien der FES – sind  diejenige Zielgruppe, die durch die vorhandenen politischen Bildungsprogramme kaum angesprochen wird. Der formalen schulischen Bildung sind sie entwachsen, die traditionellen Angebote der Erwachsenbildung durch Vereine, Gewerkschaften oder etwa die VHS erreichen sie noch (?) nicht. Gleichzeitig ist diese Generation in den ‚Echokammern‘ des Internet, in den Kommentarfunktionen, Messenger-Diensten, Foren oder Sozialen Netzwerken besonders aktiv vertreten. 

Es liegt also nahe, ein adressatenbezogenes, spezifiziertes Bildungsangebot für diese Gruppe zu entwickeln. Eine Herausforderung wird darin bestehen, analoge Umsetzungsmöglichkeiten zu definieren und/oder Formate des Blended Learning zu erarbeiten, die auch Präsenzphasen explizit einschließen. Denn: ohne die unmittelbare Kommunikation, ohne direkte Begegnung, ohne realen Diskurs und Erfahrungslernen geht es nicht – gerade wenn demokratische Teilhabe, Selbstwirksamkeit und soziale Sensibilisierung zu den zentralen Bildungszielen gehören.

Eher mittelfristig einzuordnen sind unsere Überlegungen zur Entwicklung von Bildungsmodulen für Multiplikatoren in der betrieblichen Ausbildung. Grundsätzlich können wir uns auch vorstellen an Angeboten zur Stärkung demokratischer Teilhabe im ländlichen Raum mitzuwirken, optional in Zusammenarbeit mit Institutionen, die schon länger in dieser Hinsicht aktiv sind (wie z. B. die Adam-von Trott-Stiftung). Aktive Mitarbeit in jeder Form, konstruktiver Rat und gute Ideen gerne erwünscht!

Von großen Einzelveranstaltungen zu thematischen Reihen – unser Veranstaltungsprogramm

Auch unsere großen öffentlichen Veranstaltungen haben zur politischen Bildung beigetragen, selbst wenn sie nicht dezidiert unter den Gesichtspunkten eines ‚Bildungs‘anspruchs im engeren Sinne konzipiert waren. Als Informations- und Diskussionsangebote waren sie vor allem Bestandteil der öffentlichen Meinungsbildung. Sie dienten der Aufklärung über neonazistische Strukturen und boten sowohl parlamentarischen Gremien wie dem NSU-Untersuchungsausschuss als auch Journalisten und zivilgesellschaftlichen Rechercheuren die Möglichkeit, ihre Erkenntnisse publik zu machen und dadurch notwendige Debatten anzustoßen. 

Seit 2017 haben wir in lockerer Folge insgesamt fünf solcher Veranstaltungen organisiert (siehe auch Veranstaltungen); in der Regel in den Räumen der Universität Kassel, alle mit großer öffentlicher Resonanz und weit über 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Bewährte Kooperationspartner waren dabei auch andere Bildungsträger wie die GEW und die Volkshochschule Kassel. Thematisch haben wir uns im Sinne unserer politischen Ziele mit verschiedenen Aspekten der rechten Szene in Nordhessen und den angrenzenden Regionen beschäftigt, die Arbeit der NSU-Untersuchungsausschüsse in Hessen und im Bund vorgestellt, vor allem aber mehrfach das Behördenversagen bei der Aufklärung rechter Gewalttaten und die Rolle des Verfassungsschutzes kritisch beleuchtet. Da wir durchgehend Expertinnen und Experten aus parlamentarischen Untersuchungsausschüssen sowie qualifizierte journalistische Fachleute auf unseren Podien zu Gast hatten, konnten wir einschlägiges Wissen und manchmal sogar Informationen aus erster Hand vermitteln. Die Perspektive der Opfer von rechter Gewalt wurde  besonders authentisch von der in doppelter Weise betroffenen Anwältin Seda Basay-Yildiz und einem erfahrenen Mitarbeiter des Mobilen Beratungsteams Hessen eingebracht. 

Schon unter Corona-Bedingungen und mit deshalb deutlich eingeschränkter Teilnehmer/innenzahl haben wir uns im September 2020 mit kleineren Angeboten an dem Festival von ‚Nach dem Rechten sehen‘ beteiligt (siehe Veranstaltungen). Dabei ging es einerseits um den neuen parlamentarischen Untersuchungsausschuss ‚UNA 20/1 – Dr. Walter Lübcke‘, insbesondere um Hintergrundwissen über dessen erschwerte Startbedingungen, andererseits um einen ersten Einblick in die genderspezifische Thematik von ‚Frauen in der rechten Szene‘.

Alle bisherigen Veranstaltungen waren ausdrücklich an unseren allgemeinen politischen Ziele orientiert (s. o.). Gleichzeitig haben wir bei der Organisation zeitnah auf aktuelle Entwicklungen und Ereignisse reagieren und damit ein für uns zentrales Arbeitsprinzip bisher gut umsetzen können: Zielklarheit, Offenheit und Flexibilität in guter Balance! 

Wie geht es weiter? 

Diesem Prinzip möchten wir auch in Zukunft folgen. Wir freuen uns sehr, dass inzwischen wieder Präsenzangebote möglich sind, wenn auch vorläufig noch nicht in der gleichen Größenordnung wie früher. Im Sinne der Nachhaltigkeit sind wir zunehmend dazu übergegangen, statt singulärer Großveranstaltungen thematische Reihen in jeweils überschaubarem Rahmen zu definieren. Konkret sind für das aktuelle Programmjahr folgende Veranstaltungsreihen geplant:

In einer Gesprächsreihe, die  vom „Offenen Kanal Kassel“ aufgezeichnet und gesendet wird, begleitet die Initiative weiterhin kontinuierlich die Arbeit des Hessischen Untersuchungsausschusses UNA 20/1 (Dr. Walter Lübcke). Dabei haben Landtagsabgeordnete die Gelegenheit, über ihre Arbeit im Ausschuss zu berichten, mit Vertretern der Zivilgesellschaft ins Gespräch zu kommen und Fragen und Anregungen von Bürgerinnen und Bürgern für ihre Arbeit aufzunehmen. Als Gäste werden auch zukünftig Mitglieder des Untersuchungsausschusses aus den demokratischen Parteien sowie engagierte Bürgerinnen und Bürger eingeladen.

Eine zweite Serie von Veranstaltungen befasst sich mit Frauen in der rechten Szene. Sie begann mit einer Einführung in die Problematik von Sonja Brasch (NSU-Watch) bereits in 2020 und wird in 2021 zu spezifischen Aspekten fortgesetzt, zum Beispiel zu den Strategien rechter Influencerinnen und zu Rollenmustern und Aktionsformen von Frauen in der rechten Szene. Referentinnen sind ausgewiesene Expertinnen wie Natascha Strobl (Politikwissenschaftlerin, Wien) und Michaela Köttig (Konfliktforscherin, Professorin an der Frankfurt University of Applied Science). 

Eine Reihe zum Thema ‚Rechtsterrorismus als Herausforderung staatlichen Handels‘ beginnt am 30. 09. 2021 mit einer Buchvorstellung des Autors und Rechtsextremismusexperten Martín Steinhagen und wird und im Frühjahr 2022 mit dem Journalisten Ronen Steinke (SZ) zur Rolle der Justiz im Kampf gegen Rechts fortgesetzt.

Die genannten Veranstaltungsserien gehen als Beiträge von NACHGEFRAGT in die vom Evangelischen Forum Kassel sowie weiteren Kooperationspartnern ausgerichtete Jahresreihe ‚Demokratie stärken – Gegen Hass und Terror‘ ein, sollen aber auch eigenständig weiterentwickelt werden. Einzelne Veranstaltungen wurden zudem im Sommer 2021 wiederum im Rahmen des jährlichen Festivals ‚Nach dem Rechten sehen‘ organisiert. Durch die Beteiligung an variierenden  Kooperationsverbünden  können wir  unterschiedliche Zielgruppen erreichen und hoffen, so zu einem lebendigen politischen Diskurs beizutragen. 

Recherchearbeit und Aufklärung

Nach Einschätzung der Sachverständigen J.W. Tornau und K. Neumann im Lübcke-Untersuchungsausschuss (UNA 20/1) des Hessischen Landtages ist in Kassel und Nordhessen mit ca. 100 gewaltbereiten Rechtsextramisten zu rechnen. Vor dem Hintergrund der rechtsterroristischen Morde an Halit Yozgat 2016 und Walter Lübcke 2019 sowie einer Reihe von mutmaßlich rechtsextremistisch motivierten Mordversuchen und Anschlägen in der Region steht die Arbeit des Landesamtes für Verfassungsschutz im Fokus vor allem auch der zivilgesellschaftlichen Beobachtung. Für die Initiative NACHGEFRAGT stand in der Vergangenheit die ungeklärte Rolle des damaligen Verfassungsschutzmitarbeiters Temme beim Mord an Halit Yozgat im Vordergrund. Nicht zuletzt deshalb, weil nach dem Mord auf Geheiß der Landesregierung dieser Mitarbeiter in die Personalabteilung des Regierungspräsidenten versetzt wurde und ihm dort die Bearbeitung von Personalakten hessischer Beamtinnen und Beamter oblag. Dieser Umstand verschärfte das Verlangen nach Aufklärung der Rolle und möglichen Einflussnahme des Verfassungsschützers beim NSU-Mord an Halit Yozgat. Die hessische schwarz-grüne Landesregierung und ihre nachgelagerten Behörden haben sich bis heute der Forderung einer vollständigen politischen Aufklärung aus Gründen des „Staatswohls“ verschlossen. Mit dieser Begründung wird auch weiterhin eine vollständige Akteneinsicht der Öffentlichkeit sowohl zum NSU-Mord an Halit Yozgat wie auch an Walter Lübcke verweigert. Die rechtsterroristischen Hintergründe beider Mordfälle blieben bis heute trotz der Verurteilung des Mörders an Walter Lübcke, Stefan Ernst sowie der Mordbeteiligten an den NSU-Morden, Beate Zschäpe, politisch im Dunkeln.

Damit sind die Adressaten der Forderung einer politischen Aufklärung rechter Aktivitäten in der Region, die Hessische Landesregierung und ihre nachgelagerten Behörden, insbesondere die Polizeibehörden und die Geheimdienste, genannt. Dies erscheint deshalb notwendig, weil in beiden Mordfällen wie auch den weiteren Anschlägen das Versagen der Behörden auf der Hand liegt. Mehr noch ist die zentrale Frage zivilgesellschaftlicher Organisationen unbeantwortet geblieben, ob der Mord an Walter Lübcke hätte verhindert werden können, wenn der NSU-Mord an Halit Yozgat politisch aufgeklärt und dabei insbesondere die Rolle der V-Leute einer systematischen Untersuchung unterzogen worden wäre.

Doch die politische Aufklärung allein an das Regierungshandeln zu binden, wäre vor dem Hintergrund eines nach wie vor hohen rechten Aktivitätsgrades zu kurz gegriffen. Diese Aktivitäten finden allerdings nicht mehr wie vornehmlich in den neunziger und Nullerjahren im „analogen Raum“ statt, sondern in besonderem Maße in den sog. sozialen Medien. Verschiedene Internetplattformen, Messengerdienste wie etwa Telegram und diverse Internetforen sind mittlerweile ein Tummelplatz rechter und nationalistischer Aktivitäten, die, bezogen auf die Region, nur von wenigen zivilgesellschaftlichen Organisationen systematisch verfolgt werden. Gründe hierfür liegen vor allem in der Schwierigkeit, in verschlüsselte Internetforen ohne eigene Gefährdung einzudringen. Gleichwohl ist hier ein Aufklärungsfeld vorhanden, dem unbedingt nachgegangen werden müsste, weil die staatlichen Behörden hierzu kaum öffentliche Angaben machen.

Dieses Feld aufklärerischer Arbeit schließt allerdings weitere politisch-analoge Recherchearbeiten nicht aus, die sich auf bestimmte Aktionsfelder der Rechten wie neuerdings Kraftsporteinrichtungen und Fitnessstudios, informelle Treffpunkte wie Kneipen sowie Vereine und gemeinnützige Einrichtungen wie etwa die Freiwillige Feuerwehr beziehen.

Das zentrale Ziel aufklärerischer Arbeit der Initiative NACHGEFRAGT ist die Offenlegung

rechter resp. rechtsextremistischer Aktivitäten in der Region, die kritische Begleitung politischer und behördlicher Maßnahmen sowie ihre Kommunikation in der Öffentlichkeit.

Dabei standen in der Vergangenheit öffentliche Diskussions- und Vortragsveranstaltungen mit Sachverständigen, Politikern und Aktivisten im Vordergrund. Die Veranstaltungen fanden analog mit Publikum von bis zu 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmern z.B. in der Uni Kassel statt. Sie wurden zum Teil im TV-Format im Medienzentrum des Offenen Kanals Kassel gesendet und waren als Kooperation z.B. mit dem DGB, der GEW und dem Evangelischen Forum konzipiert und umgesetzt. Diese Veranstaltungsformate werden auch in Zukunft einen erheblichen Teil der Arbeit der von NACHGEFRAGT bleiben. Darüber hinaus sind zielgruppenspezifische Veranstaltungen etwa mit Jugendlichen und Erwachsenen als Bildungsveranstaltungen in Form von Workshops, Vortragsveranstaltungen und anderen Vermittlungsformaten teilnehmerzentriert geplant. Sämtliche Veranstaltungen haben das Ziel, nicht nur Teil der regionalen Informations- und Aufklärungskampagnen gegen Rechts zu sein, sondern gleichermaßen aktivierend im Sinne der demokratischen und rechtsstaatlichen Aktivitäten der zivilgesellschaftlichen Organisationen zu wirken.