Wie Integration in Kassel gelingt und welche Fragen offen bleiben
12.12.2024, 18 Uhr
Stadtteilzentrum Vorderer Westen
Elfbuchenstraße 3, 34119 Kassel
Es diskutieren:
Dr. Norbert Wett, Sozialdezernent der Stadt Kassel
Pfarrer Harald Fischer, Sankt Familia
Johannes Hüttich, Internationale Klasse an der Freien Waldorfschule Kassel
Annika Schmale, Familienzentrum der Kirche im Hof
Moderation: Katrin Lehmann, Vorsitzende Richterin am Hess. Verwaltungsgerichtshof a. D.
Veranstaltende ist die Initiative Nachgefragt. Unterstützt wird die Veranstaltung u.a. durch das Evangelische Forum Kassel und durch mich mit dieser Mail 😊.
Nähere Informationen zur Veranstaltung finden sich im Anhang!
Wie Integration in Kassel gelingt und welche Fragen offen bleiben
12.12.2024, 18 Uhr
Stadtteilzentrum Vorderer Westen
Elfbuchenstraße 3, 34119 Kassel
Es diskutieren:
Dr. Norbert Wett, Sozialdezernent der Stadt Kassel
Pfarrer Harald Fischer, Sankt Familia
Johannes Hüttich, Internationale Klasse an der Freien Waldorfschule Kassel
Annika Schmale, Familienzentrum der Kirche im Hof
Moderation: Katrin Lehmann, Vorsitzende Richterin am Hess. Verwaltungsgerichtshof a. D.
Veranstaltende ist die Initiative Nachgefragt. Unterstützt wird die Veranstaltung u.a. durch das Evangelische Forum Kassel , die Omas gegen Rechts und 😊.
am 03.Dezember 2024, 18.00 Uhr, Kirche im Hof, Friedrich-Ebert-Straße 102
Dr. Marie Reusch (Uni Gießen) wird in ihrem Vortrag das Frauenbild in der extremen Rechten in Wechselwirkung mit der veränderten Rolle von Frauen und ihrer gesellschaftlichen (Lebens-)Realität erläutern. Moderation: Heike Lühmann, Initiative NACHGEFRAGT e.V.
Nach den Wahlerfolgen der AFD in einigen ostdeutschen Bundesländern stellt sich mehr denn je die Frage: Worin liegt die Anziehungskraft rechtsextremer Positionen in unserem Land? Könnte es sein, dass auch das Frauenbild demokratiefeindlicher Gruppierungen eine gewisse Anziehungskraft besitzt? Dabei ist es doch weitgehend antifeministisch und frauenfeindlich. Die Initiative NACHGEFRAGT möchte mit dieser Veranstaltung eine Reihe fortsetzen, die sich besonders mit der Rolle von Frauen in der extrem rechten Szene beschäftigt.
Wir fragen:
Welche Rolle wird Frauen in der Politik und in Programmen der AFD zugeschrieben?
Welches konkrete Bild von Frauen wird in den Äußerungen der extremen Rechten deutlich?
Weibliche Politikerinnen und Aktivistinnen sind in der extremen Rechten durchaus sichtbar und stehen auch in den ersten Reihen ihrer Gruppierungen und Parteien.
Wie ist ihr Selbstverständnis?
Zeigt sich hier ein Widerspruch zu den oben angesprochenen Positionen?
Welche Erklärungskraft bietet die gesellschaftliche Realität – auch die Bedingungen, unter denen Menschen (insbesondere Frauen) mit Kindern leben – für die Entwicklung antifeministischer und frauenpolitisch reaktionärer Positionen?
Ohne die Zuwanderung von Arbeitskräften „können wir den Laden hier dichtmachen“
„Jetzt komme ich schlauer raus, als ich reingekommen bin“
Bei Interesse am Sendungsmitschnitt des Freien Radios bitte Mail an initiativenachgefragt@gmx.de
Der Abend am 09. Juli im DGB Haus mit Klaus Dörre, Prof. an der Uni Jena, und Orry Mittenmayer, Gewerkschafter der NGG, hat sich offenbar für den oben zitierten Teilnehmer gelohnt. Im Mittelpunkt der über zweistündigen Veranstaltung mit knapp 100 Teilnehmenden stand die Frage, wie es die AfD mit ihrer ausländerfeindlichen Politik schaffen konnte, fast ein Drittel der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zum Beispiel in der Autoindustrie für sich und ihre Politik zu gewinnen. Dem setzte Dörre das zentrale Argument entgegen, ohne die Zuwanderung von Arbeitskräften „können wir den Laden hier dichtmachen.“
Dazu präsentierte Dörre eindrucksvolle Zahlen: 36,6% der Beschäftigten in der Altenpflege haben einen Migrationshintergrund. Auch im Gesundheitswesen (Human- und Zahnmedizin) wäre ohne die migrantischen Arbeitskräfte eine Versorgung der Patienten in hohem Maße gefährdet, denn fast 30% der Beschäftigten dort haben einen Migrationshintergrund. Allein diese Zahlen machen deutlich, so der Hinweis von Dörre, wie absurd die Remigrationsfantasien einiger AfD-Politiker und Rechtsradikaler sind.
Doch allein mit Zahlenbeispielen wird man die Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben, die mit der AfD sympathisieren, nicht zurückgewinnen können. Orry Mittenmayer wies in seinem Beitrag darauf hin, wie wichtig die Installierung von Betriebsräten ist und dass vor allem eine an den Bedürfnissen und Interessen der Beschäftigten orientierte und konsequente gewerkschaftliche Betriebratspolitik eine „Brandmauer“ gegenüber dem Rechtsradikalismus darstellt. ‚Das persönliche Gespräch‘ und die argumentative Auseinandersetzung mit AfD-Sympathisanten sind hierbei unerlässlich. Mit der ‚Nazikeule‘ wird man die Kolleginnen und Kollegen nicht zurückgewinnen können.
Dies war auch die einhellige Meinung der Diskutanten, viele von ihnen Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, im Anschluss an die Beiträge der Referenten. Darüber hinaus wurde in der Diskussion hervorhoben, dass Forderungen der Zivilgesellschaft an die herrschende Politik etwa zur Verbesserung der Integration von Geflüchteten das von den Referenten gewünschte ‚persönliche Gespräch‘ begleiten müssten. Dabei könnten, so ein Diskussionsteilnehmer, die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der deutschen Beteiligung an dem Ukrainekrieg nicht außen vor bleiben.
Von dieser Veranstaltung, die neben der Initiative NACHGEFRAGT e.V. noch vom DGB Nordhessen, Arbeit und Leben, der GEW, der VHS Region Kassel und vom Evangelischen Forum getragen wurde, sollten, so die Meinung vieler Teilnehmenden, weitere zivilgesellschaftliche Impulse mit dem Ziel ausgehen, das weitere Vordrängen rechtsextremistischer Positionen aufzuhalten und schließlich zurückzudrängen.
Dörre, K., Bose, S., Lütten, J. et al. Arbeiterbewegung von rechts? Motive und Grenzen einer imaginären Revolte. Berlin J Soziol 28, 55–89 (2018). https://doi.org/10.1007/s11609-018-0352-z
Dörre, K., Liebig, S., Lucht, K. et al. Klasse gegen Klima? Transformationskonflikte in der Autoindustrie. Berlin J Soziol34, 9–46 (2024). https://doi.org/10.1007/s11609-023-00514-z
Frau Lehmann erläuterte detailliert und sehr systematisch die verschiedenen Formen von Migration, die in der derzeit aufgeheizten politischen Debatte oft vermengt werden.
Am 3.7.2024 fand im Stadtteilzentrum West eine vereinsöffentliche Informationsveranstaltung zum Thema ‚Flucht – Einwanderung – Migration – Asyl‘ statt. Katrin Lehmann, Vorsitzende Richterin am Hessischen Verwaltungsgerichtshof a.D., stellte das Thema zunächst in den großen Rahmen eines dauerhaften ‚Menschheitsthemas‘, z. B. der deutschen Auswanderung vom 17. bis ins 19. Jahrhundert und der Emigration in der Zeit vor und während der Shoah. Davon ausgehend skizzierte sie Grundzüge, Probleme und Veränderungen des Asyl- und Aufenthaltsrechts bis in die Gegenwart.
Laut UNHCR (UN-Flüchtlingskommissar) sind im Moment 120 Millionen Menschen auf der Flucht, wobei ca. 57 Millionen im eigenen Land vertrieben wurden und viele in den armen Nachbarländern Zuflucht suchen. Zuwanderung in erheblichem Umfang gibt es derzeit aus der Ukraine, aber auch aus den Hauptherkunftsländern Syrien, Afghanistan und der Türkei. Pro Asyl weist darauf hin, dass 2022 über 70 Prozent der Personen, die um Flüchtlingsschutz nachgesucht haben und deren Anträge materiell geprüft wurden (also nicht die sogenannten Dublin-Fälle, sogenannte ‚bereinigte Schutzquote‘) Schutz erhalten haben.
Abgesehen hiervon benötigt Deutschland in sehr relevantem Umfang Zuwanderung, um seinen Wohlstand zu halten. Ca. 400 000 ausländische Fachkräfte werden deshalb pro Jahr für den deutschen Arbeitsmarkt benötigt.
Frau Lehmann erläuterte detailliert und sehr systematisch die verschiedenen Formen von Migration, die in der derzeit aufgeheizten politischen Debatte oft vermengt werden. Abgesehen von den Ukraine-Flüchtlingen, die sofort Bürgergeld-berechtigt sind, müssen alle Migranten verschiedene rechtliche Prozeduren durchlaufen, bis sie als ‚bleibeberechtigt‘, ‚geduldet‘ oder ‚ausreisepflichtig‘ eingeordnet sind. Von den ca. 262.000 ‚Ausreisepflichtigen‘ sind wegen verschiedener rechtlicher Bestimmungen am Ende nur 51.000 tatsächlich ausreisepflichtig (siehe auch Folie 14).
Das sogenannte Chancen-Aufenthaltsrecht bietet für die betreffenden Ausländer*innen die Möglichkeit eines Wechsels vom Duldungsstatus hin zu einem Aufenthaltsrecht. Die Voraussetzungen sind jedoch komplex und sicher nicht für alle zu erreichen.
Im Flüchtlingsrecht verschärfen die Mitgliedstaaten mit der sogenannten GEAS Reform die Regelungen zum Flüchtlingsschutz in eklatanter Art und Weise. Pro Asyl: Zu den schon bestehenden Zäunen, Mauern, Überwachungstechniken und Pushbacks kommen nun noch Inhaftierungen und die Isolierung schutzsuchender Menschen in Lagern an den Außengrenzen und menschenrechtswidrige Deals mit autokratischen Regierungen.
Fazit: Wir sehen im Moment vier mögliche Richtungen der Weiterarbeit in unserer Initiative.
Aufklärung über die Gefährdung der Demokratie durch autoritäre Gesetzgebung, z. B. beim Asyl- und Ausländerrecht, initiiert von Nancy Faeser
Entwicklung konkreter (politischer) Forderungen für eine bessere und schnellere Integration von Migranten, z. B. durch eine Arbeitserlaubnis bereits während des Asylverfahrens
Schaffung von Erfahrungsräumen und Begegnungsmöglichkeiten zum Beispiel durch kulturelle Veranstaltungen
Entwicklung/Weiterverbreitung von Argumentationshilfen gegen Stammtisch-Parolen (Daran arbeiten unseres Wissens nach bereits MBT, pro asyl u. a.)
Gemeinsam ist diesen verschiedenen Handlungsansätzen, dass sie die deklamatorische Ebene verlassen und jeweils möglichst konkret werden müssten. Es kann sein, dass wir uns als Initiative NACHGEFRAGT entscheiden müssen, eine Richtung zu priorisieren oder in Kleingruppen jeweils an einem Thema weiterzuarbeiten.